Paralympisch leben

Katharina Krüger: Tennis ist ihr lieb und teuer

Katharina Krüger: Tennis ist ihr lieb und teuer
20. August 2015

Die German Open im Rollstuhltennis sind für Katharina Krüger eine günstige Gelegenheit. Das Turnier findet bis Sonntag auf der Anlage der Zehlendorfer Wespen statt – also gleich vor der Haustür der Titelverteidigerin aus Berlin.

Ein Weltranglistenturnier direkt vor ihrer Haustür – etwas Besseres kann Katharina Krüger gerade nicht passieren. Nicht nur, weil sie alles auf ihrer Tennisanlage bei den Zehlendorfer Wespen kennt, sich dort besonders wohl fühlt und Titelverteidigerin ist. Vor allem kommt sie zu den German Open, die von diesem Mittwoch bis zum Sonntag stattfinden, umsonst hin, das ist für sie entscheidend. Tennis ist kein billiger Sport, ihn im Rollstuhl als Leistungssport zu betreiben, im Verhältnis noch einmal teurer. Das fängt bei den 5000 bis 6000 Euro für den Spezialrollstuhl an und geht bei den höheren Reisekosten weiter. Um gesundheitlich versorgt zu sein, braucht Katharina Krüger ihre Mutter als Begleitung. So kommen im Jahr schnell 35 000 Euro zusammen.

„Viele Turniere sind eben nicht um die Ecke, da entstehen hohe Kosten“, sagt die 25-Jährige, die von Geburt an querschnittgelähmt ist. „Es ist frustrierend, wenn man von der Weltranglistenposition gesetzt wäre und dann zu Hause sitzt und zugucken muss.“ Derzeit steht sie in der Welt an Position neun. Die ersten sieben sind immer für die Grand Slams qualifiziert, bei denen es insgesamt acht Startplätze gibt, einen noch über eine Wildcard. Einfacher wäre es, wenn sie sich für die Leichtathletik entschieden hätte oder für Rollstuhlbasketball, beide Disziplinen werden in Deutschland für die Paralympics weitaus besser gefördert. Aber es gibt nun mal einen guten Grund für ihre Sportart: „Tennis war meine erste große Liebe.“
             
Beim Rollstuhltennis darf der Ball zweimal aufspringen

Die Zuneigung ist in den vergangenen Jahren noch gewachsen. Weil Rollstuhltennis immer dynamischer wird. Nach der Regel gibt es das Recht, den Ball vor dem Schlagen zweimal aufspringen zu lassen, was auch der einzige Unterschied zum Tennis der Fußgänger ist. „Aber von dieser Regel machen wir immer weniger Gebrauch“, sagt Krüger, „wir wären doch blöd, wenn wir dem Gegner mehr Zeit zum Reagieren geben.“

International wächst die Anerkennung für Rollstuhltennis, im nächsten Jahr wird es in Wimbledon erstmals wie bei den anderen drei Grand Slams auch einen Einzelwettbewerb geben, nicht nur eine Doppelkonkurrenz wie diesmal. Der Höhepunkt im nächsten Jahr sind jedoch die Paralympics in Rio de Janeiro, für Krüger wären es die dritten Spiele. Im Einzel kam sie 2008 und 2012 ins Achtelfinale, im Doppel kam sie mit ihrer deutschen Partnerin Sabine Ellerbrock ins Viertelfinale. Das hat den Wunsch nach einer Medaille wachsen lassen. Dafür trainiert sie mit ihren Eltern, die ebenfalls Tennis spielen, hat aber mit Steffen Sommerfeld und Sven Hiller zwei weitere Trainingspartner im Rollstuhl bei den Zehlendorfer Wespen. Beide starten auch bei den German Open.
       
Das nächste Ziel nach den German Open ist für Katharina Krüger kein sportliches. In zwei Wochen muss sie ihre Bachelorarbeit abgeben, sie studiert Rehabilitationspädagogik an der Humboldt-Universität. Später möchte sie mit Menschen arbeiten, die gerade einen Unfall erlitten haben. „In einem Praktikum im Krankenhaus habe ich erfahren, was es für diese Arbeit bringen kann, selbst betroffen zu sein“, sagt sie. „Man begegnet sich auf Augenhöhe und kann den anderen besonders wertschätzen.“

Quelle: Tagesspiegel