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„Wie ein Vulkan, der in mir brodelt“

Elena Krawzow sitzt entspannt auf der Tribüne im Aquatics Stadium und genießt die Atmosphäre. „Sowas haben wir nur alle vier Jahre“, sagt die 23-Jährige. Für die sehbehinderte Schwimmerin vom PSC Berlin sind es in Rio de Janeiro ihre zweiten Paralympischen Spiele. Vor vier Jahren in London hatte sie bei ihrer Premiere Silber geholt über 100 Meter Brust. Nun möchte sie am Sonntag ihre intensiven Vorbereitungen auf ihrer Paradestrecke vergolden.
„Wie ein Vulkan, der in mir brodelt“
Foto: © Oliver Kremer/DBS
10. September 2016

Zum Auftakt der Wettkämpfe in Rio drückt Elena Krawzow ihrer Teamkollegin Janina Breuer die Daumen. Sie ist mit 17 Jahren das Küken der Deutschen Paralympischen Mannschaft. Bei ihrer ersten Teilnahme an den Spielen schafft es die Schwimmerin vom PSC Berlin als Achte knapp ins Finale und steigert sich dort auf den sechsten Platz. Im Vorlauf sei sie nervös gewesen, die Abläufe und Situation noch ungewohnt, sagt „Nina“. Doch im Finale habe es deutlich besser gepasst. Der Lohn: Janina Breuer wurde im Deutschen Haus Paralympics zum „Hero de Janeiro“ gekürt – die Heldin des Tages. „Es ist toll für Janina, dass sie dabei sein und Erfahrungen sammeln kann. Das ist auch ein Ansporn für die Zukunft“, sagt Elena Krawzow.

Vor vier Jahren war sie junge 18 Jahre und schwamm überraschend auf Platz zwei. Jetzt ist sie amtierende Europameisterin, wurde 2013 Weltmeisterin und stellte im Juni in Berlin den Weltrekord über die 100 Meter Brust auf. Doch die Britin Rebecca Redfern schnappte ihr diesen Ende Juli bei den British Open weg – und Krawzow wurde von der Gejagten wieder zur Jägerin. Eine Rolle, mit der sie gut leben kann. „Das wird ein unglaublich knappes Rennen. Ich habe so viel investiert im vergangenen Jahr, jetzt will ich persönliche Bestzeit beim großen Highlight schwimmen.“ Und Gold gewinnen.

Die Stunden bis zum mit Spannung erwarteten Rennen werden weniger. „Ich bin angespannt, hibbelig, verspüre Aufregung, aber auch sehr viel Vorfreude“, sagt die gebürtige Kasachin, die inzwischen in Berlin wohnt, und fügt an: „Es fühlt sich an wie ein Vulkan, der in mir brodelt. Ich will alles geben. Dafür habe ich so hart trainiert.“ 25 Wochen war sie im vergangenen Jahr im Trainingslager, davon rund drei Monate in der Höhe. Sie sei in Topform, habe Werte in Kraft und Ausdauer wie nie zuvor und eine bessere Technik. Das wolle sie jetzt zeigen. Doch die Konkurrenz ist groß. Neben Redfern zählen Schwimmerinnen aus Usbekistan und Zypern zu den heißen Medaillenanwärterinnen. Es wird wohl auf ein Kopf-an-Kopf-Rennen am Sonntag, um 18.08 Uhr im Aquatics Stadium in Rio de Janeiro.

In der Schwimmarena und im Wasser fühlt sie sich sehr wohl. „Die Halle ist gigantisch, die Stimmung beeindruckend. Das gibt einen Kick und sorgt für noch mehr Adrenalin“, erklärt Elena Krawzow. Mit dabei ist dann auch das Mannschaftsmaskottchen, der „Freaky Frog“. „Den habe ich von Kristen Bruhn bekommen, als sie ihre Karriere beendet hat. Solange ich schwimme, muss ich auf ihn aufpassen. Er ist bei Großereignissen immer dabei und wohnt auch bei mir im Apartment im Paralympischen Dorf“, sagt die 22-Jährige lachend. Mit „Freaky Frog“ und den Teamkollegen auf der Tribüne soll es für Elena Krawzow klappen – mit dem großen Traum von Gold. Es wäre die Belohnung für harte Arbeit.