WM

Viertelfinal-Aus für deutsche Goalballer

Die deutschen Goalballer sind bei der Weltmeisterschaft im portugiesischen Matosinhos gegen die ungeschlagenen Chinesen im Viertelfinale ausgeschieden und verlassen Portugal mit vier Siegen und vier Niederlagen. Bundestrainer Stefan Weil zieht trotz aller Enttäuschung dennoch ein positives Fazit, weil sein angeschlagenes Team „das Maximum“ herausgeholt hat – und der Umbruch auf einem „vernünftigen Niveau“ stattfindet.
Viertelfinal-Aus für deutsche Goalballer
16. Dezember 2022

Nach der 7:10-Auftaktniederlage gegen die Türkei ließ das deutsche Team in der Mega-Vorrunde mit acht Teams drei Siege folgen: Gegen Kanada (16:7), Dauerrivale Belgien (13:3) und Gastgeber Portugal (8:2) zeigte die Ausgangslage klar in Richtung Viertelfinale – das primäre Ziel, nachdem bei den Paralympics 2021 bereits nach der Vorrunde in der denkbar unglücklichsten Gruppenkonstellation Schluss war und gleich drei langjährige Leistungsträger ihr Karriereende bekanntgegeben hatten. Paralympics-Sieger Brasilien, der später auch erneut im Finale stand, war beim 5:13 ebenso zu stark wie die Japaner beim 1:11, doch mit einem 14:6 gegen Afrikameister Algerien buchten die deutschen Goalballer das Viertelfinale als Gruppenvierter.

„Anerkennen, was die Jungs geleistet haben“

Der Gegner dort: China, das bis dato alle Spiele gewonnen hatte. Doch die Deutschen hielten zu Beginn stark dagegen. „Wir haben einen guten Start gehabt und sind defensiv erstmal schön stabil gewesen, wie wir uns das vorgenommen haben“, resümierte Bundestrainer Stefan Weil, der Ex-Nationalspieler Reno Tiede als Co-Trainer an seiner Seite hatte: „Offensiv konnten wir uns leider nicht durchsetzen gegen eine sehr starke Verteidigung der Chinesen.“ Zwar hatten die Asiaten im Turnierverlauf kleinere Schwächen offenbart, die Weils Mannschaft auch ausnutzen wollte: „Aber heute haben sie es sehr gut gemacht. Man muss neidlos anerkennen, dass die Chinesen heute einfach besser waren.“ Nach einem 0:4 zur Pause endete das Spiel mit 2:12. Auch wenn das Ergebnis darüber hinwegtäuscht, schieden die Deutschen nach einem starken Spiel aus.

„Klar hat man gehofft, dass man weiterkommt und ich glaube auch immer noch, dass es im Idealfall möglich gewesen wäre“, haderte Weil mit Blick auf eine bessere Ausgangslage nach der Vorrunde. Aber gerade zum Ende des Turniers seien seine Leistungsträger schwer angeschlagen und der Kader einfach nicht so tief gewesen wie in den vergangenen Jahren: „Michael Dennis musste mit einem angeschlagenen Knie spielen. Thomas Steiger hat eine schlimme Verbrühung am Schienbein, hat aber mit maximalen Schmerzen gespielt und auf die Zähne gebissen. Das hat gezeigt, was für ein krasser Teamplayer er ist. Mit diesen Hürden, was die Gesundheit der Spieler angeht, haben wir bei diesem Turnier mit Sicherheit das Maximum rausgeholt. Da muss ich einfach anerkennen, was die Jungs geleistet haben.“

„In Zukunft noch einiges zu holen“

Weils WM-Fazit fällt deshalb trotz aller Enttäuschung positiv aus – „insbesondere, da wir uns in einem Umbruch-Jahr befinden. Wir sind nach dem Tokio-Ereignissen schon ein bisschen down gewesen, deshalb war das Viertelfinale ein realistisches Ziel. Das haben wir erreicht.“ Die Teams, die sich vor Deutschland platziert hätten – unter anderem die Halbfinalisten Brasilien, China, Litauen und die Ukraine – hätten Profi- bis Halbprofi-Strukturen und würden „tagtäglich zentral in ihren Ländern zusammenkommen, um Goalball nachzugehen“, während die Deutschen zusätzlich zum Sport arbeiten, studieren oder eine Ausbildung machen.

Die Herausforderung sei es nun, mit Blick auf die kommenden Jahre die anderen Nationen „nicht weiter entkommen zu lassen, sondern mit allen Mitteln, die zur Verfügung stehen, den Abstand verkürzen, weil das wirklich keine Talentfrage ist. Die Jungs sind talentiert, der Kern der Mannschaft ist erfahren und trotzdem noch in einem jungen Alter, weshalb auch in der Zukunft noch einiges zu holen ist.“

Umbruch „auf einem vernünftigen Niveau“

Positiv hervorzuheben sei, dass bei der WM mit den etablierten Michael Dennis, Thomas Steiger und Oliver Hörauf sowie den WM-Debütanten Fabian Diehm, Nils Emig und Philipp Tauscher ein schöner Teamgeist entstanden sei. „Das ist ein erster wichtiger Schritt, um ein erfolgreiches Team zu formen und insofern ist die Truppe wirklich auf einem guten Weg, wie ich finde“, sagt Weil: „Wir sind verwöhnt gewesen durch viele Medaillen, aber es war absehbar, dass irgendwann mal so ein kleiner Bruch kommen würde und sich nach diversen Rücktritten andere Spieler zu Führungsspielern entwickeln müssen.“

Mit dem Erreichen des Viertelfinals fände dieser Prozess des Umbruchs „auf einem vernünftigen Niveau“ statt, „da gibt es in anderen Ländern Dutzende Beispiele, bei denen das Ende einer Generation für einen Rausch in den Keller gesorgt hat“, sagt Weil und verweist auf Schweden und Slowenien, die nach dem Ende ihrer talentierten Generation mittlerweile im C-Pool spielen. „Ich denke, wir sind auf einem guten Weg, den Umbruch wesentlich weniger holprig zu gestalten und das Ganze mit Hand und Fuß umzusetzen. Insofern bin ich nicht unzufrieden und freue mich auf das nächste Jahr, in dem wir zwei weitere große Turniere haben.“ Das primäre Ziel bleibt nach wie vor die Paralympics-Qualifikation, die den beiden Finalisten bereits gelungen ist. Weitere Chancen bieten sich im August 2023 bei den IBSA World Games in Birmingham (England) sowie bei der noch nicht terminierten Europameisterschaft – und davor ist Weil nicht bange.

Quelle: Nico Feißt