Paralympisch leben

Paralympics in Rio de Janeiro // Welche deutschen Athleten im Mittelpunkt stehen könnten

Paralympics in Rio de Janeiro // Welche deutschen Athleten im Mittelpunkt stehen könnten
Foto: Das Maracanã bei der Eröffnungsfeier der Paralaympics in Rio 2016. Quelle: Picture Alliance
09. September 2016

Zu Land, zu Wasser, in der Luft. Am 07. September 2016 haben die Paralympics mit der Eröffnungsfeier im Maracana-Stadion begonnen. 154 Sportler werden bis zum 18. September für das deutsche Team in Rio de Janeiro starten. Wir stellen fünf von ihnen vor, auf die man in den nächsten Tagen achten sollte.

Marina Mohnen

Wie viel Spaß Behindertensport macht, zeigt das Beispiel von Marina Mohnen. Sie ist nämlich Fußgängerin und setzt sich gern zum deutschen Basketballteam der Frauen in den Rollstuhl. Mit 20 Jahren im Jahr 2000 stoppte ein kaputtes Knie (Verletzungen an Meniskus, Kreuzband und Innenband) die erste Karriere der Basketballerin. Doch der Sport war ihr Leben und ist es noch. Beim technisch anspruchsvollen Rollstuhlbasketball - man muss etwa aus der Bewegung heraus und sitzend werfen - holte sie sich erst Blasen an den Händen. Aus der Zufallsberkanntschaft wurde die nächste große Liebe. Marina Mohnen ist mit der deutschen Mannschaft mehrfache Europameisterin. Bei den Paralympics in London 2012 holte sie Gold - das soll es auch in Rio werden.

Christiane Reppe

Bei ihren ersten Paralympischen Spielen in Athen 2004 holte Christiane Reppe zweimal Bronze - im Schwimmen. In London 2012 reichte es für die einseitig oberschenkelamputierte Dresdnerin nicht zu einer Medaille. Reppe wollte dann eigentlich Schluss machen mit dem Leistungssport. Doch das internationale Flair, das Reisen, die Wettkämpfe fehlten ihr. Speerwurf, Kugelstoßen, das alles testete sie an. Über den Porträtfilm "Mein Weg nach Olympia" kam sie schließlich zum Radsport, zum Handbiken, und dank ihres gut trainierten Körpers schaffte sie es schnell nach oben. Bei den Straßen-Weltmeisterschaften 2014 und 2015 fuhr sie der Konkurrenz davon und holte jeweils den WM-Titel. Nun soll in Rio paralympisches Gold folgen.

Marianne Buggenhagen

Vor dem ersten Versuch werde sie immer noch nervös, hat Marianne Buggenhagen kürzlich gesagt. Ihre Bilanz spricht gegen sie. Neun Goldmedaillen bei Paralympischen Spielen, viele weitere bei Welt- und Europameisterschaften hat sie gewonnen. Und es ist immer noch nicht Schluss für Buggenhagen. Zumindest fast. Zum siebten, aber wohl auch letzten Mal tritt die mittlerweile 63 Jahre alte Berlinerin bei den Paralympics an. Spät dran war Buggenhagen schon immer: Erst 1989 begann sie ihre Karriere im Leistungssport - mit 36 Jahren. In Rio kann sie, anders in London, wo sie nur eine Silbermedaille im Kugelstoßen gewann, auch wieder in ihrer Lieblingsdisziplin, dem Diskuswerfen antreten. Die war vor vier Jahren nämlich nicht im paralympischen Programm.

Tom Kierey

Am gebürtigen Dresdner lässt sich gut erklären, mit welchen Schwierigkeiten paralympischer Leistungssport in Deutschland noch zu kämpfen hat. Zwar erhält Kierey auch Fördergelder und die Top-Team-Unterstützung. Um die Vorbereitungen für Rio finanzieren, brauchte der 22-Jährige aber auch das vorzeitige Erbe von seiner Oma. Aber Kierey ist Herausforderungen gewohnt. Klumpfuß rechts, versteiftes Sprunggelenk und kaum Muskulatur im rechten Unterschenkel - nicht gerade ideale Voraussetzungen für die neue Paralympics-Sportart Parakanu, wo man viel Kraft mit den Beinen ins Sportgerät übertragen muss. Dennoch geht der Mann vom Berliner Kanu Club Borussia am Tegeler See in Rio als zweifacher Weltmeister und als Medaillenkandidat aufs Wasser.

Markus Rehm

Mit seiner persönlichen Bestleistung von 8,40 Meter wäre Markus Rehm vor knapp vier Wochen Olympiasieger im Weitsprung geworden. Der 28-Jährige hatte lange Zeit dafür gekämpft, bei Olympia an den Start gehen zu dürfen, dafür ließ der einseitig unterschenkelamputierte Leichtathlet zuletzt seine Prothese und seinen Bewegungsablauf wissenschaftlich untersuchen. Die Analyse ließ auf keinen eindeutigen Vorteil schließen, kam aber zu dem Ergebnis, Rehms Sprung mit Prothese könne kaum mit dem Bewegungsablauf eines Springers mit zwei gesunden Beinen verglichen werden. Sein Traum von einem Olympia-Start ist damit wohl endgültig geplatzt, insbesondere der Leichtathletik-Weltverband hat kein Interesse an inklusiven Wettkämpfen. Das Gesicht der Paralympics in Deutschland wird Rehm wohl trotzdem bleiben, bei der Eröffnungsfeier wird er die deutsche Fahne tragen. In Rio wird ihm Gold im Weitsprung wie schon 2012 in London nicht zu nehmen sein, im Sprint (100 Meter Einzel und Staffel) könnten zwei Medaillen dazu kommen.

Quelle: Tagesspiegel / Paralympics Zeitung / rikk, kög, lsp